Neue Hofausstellung zum Film Karl Valentin und Liesl Karlstadt auf der Oktoberwiese von Peter Syr
In Kooperation mit der Saubande e.V. und dem Valentin-Karlstadt-Musäum
Ein Lieblingsthema von Karl Valentin ist immer wieder das Oktoberfest. 1921 drehte Valentin mit Liesl Karlstadt seinen Oktoberfestfilm. Er gibt die Atmosphäre auf dem Oktoberfest 1921 wieder und zeigt die ersten Aufnahmen der Schaustellergasse überhaupt mit ihren verschiedenen Attraktionen wie Messerwerfer und Toboggan.
Valentin spielt hier einen Lebemann, der sich mit seiner jungen Geliebten auf dem Oktoberfest verabredet. Seine dicke Frau, gespielt von Liesl Karlstadt, bestimmt, dass ebenfalls gemeinsam das Oktoberfest besucht wird. Und so entspinnt sich ein wildes Katz- und Mausspiel zwischen den Fahrgeschäften der Wiesn auf der Suche nach der Geliebten und der Verfolgung durch die Ehefrau.
Finaler Höhepunkt des Films ist der unbeabsichtigte Fluchtversuch Valentins mit Hilfe eines Bündel Luftballons. Karl Valentin beschreibt die für ihn schmerzhaften Dreharbeiten dieser letzten Filmszene mit den Worten: „Filme ansehen ist wirklich angenehmer als Filme fabrizieren.“ Spielerisch verbindet Valentin mit dem Oktoberfestfilm Unterhaltung und Dokumentation und schuf hier erstmals das Format Infotainment, das erst viel später als Genre im Film Einzug fand.
Das bei Valentin beliebte Motiv Oktoberfest findet sich in vielen Abwandlungen nicht nur zahlreichen Szenen und Dialogen wieder. Er selbst war mit einem Fahrgeschäft, der Froschrutschbahn, das er zusammen mit seinem Freund Ludwig Greiner konstruiert hatte, auf dem Oktoberfest 1921 vertreten.
Valentin als Schausteller: Die Frosch-Bahn
Werbeplakat für die Froschbahn
So spannt die Hofausstellung, die in Anlehnung an ein Festzelt konzipiert wurde, in sechs großen Tafeln den Bogen von der historischen Bedeutung des Oktoberfestfilmes über die Rolle Valentins als Filmpionier bis zu seiner Vorliebe für das bedeutendste Volksfest der Welt.
Ein Beitrag des Autors, Stadtführers und Mitglieds der Saubande Rudi Hartbrunner
In dem am 15. März 1947 von Bayerischen Rundfunk ausgestrahlten Stück „Das Interview“ behauptete Karl Valentin, dass er „in der Sonnenstraße, im Postscheckamt!“ zur Welt gekommen sei. Er begründete dies damit, dass „das Postscheckamt 1882 das Gebärhaus war, in welchem ständig geboren wurde. Da hat schon der selige Papa Geis immer drüber gesungen: ‚In der Sonnenstraß’ da steht a rots Haus. Alloa gengas eine und zu zwoat gengas raus!‘“ Aber, „Das Interview“ war nicht wirklich ein Interview und die Auskünfte Karl Valentins über sein Leben und Treiben waren – vorsichtig gesagt – autobiographisch einfach nicht ganz korrekt.
Das Haus in der Entenbachstr. 63 (heute:Zeppelinstr. 41); Gemälde von Valentin Ludwig Fey, 1896 (C) Valenin-Karlstadt-Musäum
Vielmehr war das Haus in der heutigen Zeppelinstraße 41 sein Geburtsort. Das geht aus seiner im Valentin-Karlstadt-Musäum befindlichen Geburtsurkunde eindeutig hervor. 1851 war der Baubeginn des zunächst aus vier Fensterachsen und drei Stockwerke bestehenden Karl-Valentin-Geburtshauses.
Das Elternhaus, erbaut im Jahr 1851. (c) Valentin-Karlstadt-Musäum
Es wurde 1874 um drei weitere Fensterachsen erweitert und war damit ein stattliches Wohn- und Geschäftshaus in der am 1. Oktober 1854 eingemeindeten Vorstadt Au. Der als Valentin Ludwig Fey geborene Knabe verbrachte hier seine Kind- und Jugendzeit. Mit dem Tod seines Vaters am 8. Oktober 1902 musste der zum Komiker heranwachsende Karl Valentin das Speditionsunternehmen weiterführen. Der in Geschäftsdingen nicht immer glücklich agierende Valentin fuhr das Unternehmen innerhalb von vier Jahren voll an die Wand, sodass nicht nur die Firma, sondern gleich das ganze Anwesen verkauft werden musste. Den Namen der 1847 gegründeten Speditionsfirma übernahm der aus der damals zu Bayern gehörenden Rheinpfalz Jean Hopp, der durch den Kauf als lange eingeführte Firma erscheinen wollte. Das Speditionsunternehmen erwarb Adolf Weiß. Nach dem Abzug aller ausstehenden Forderungen und Hypotheken, die noch der verstorbene Vater „infolge schlechten Geschäftsganges“ aufgenommen hatte, verblieben Karl Valentin und seiner Mutter noch etwa 6.000 Mark. Nun war alles verloren, sodass sich Karl Valentin und seine Mutter am 15. November 1906 in München abmeldeten und nach Zittau (Heimatstadt von Valentins Mutter Maria Johanna Fey) zogen. Damit endete die Beziehung des später weltberühmten Humoristen zu seinem Geburtshaus in der Münchner Vorstadt Au.
Der Autobauer Ludwig Weinberger jun. und der Bugatti Royale Typ 41
Das Anwesen in der Zeppelinstraße 41 ging im Jahr 1910 in das Eigentum von Ludwig Weinberger senior über. Der neue Bewohner ließ die Rückgebäude der ehemaligen Spedition Falk & Fey umgehend abreißen, um dort neue Werkstätten einzubauen. Außerdem beauftragte der Wagenbauer im Jahr 1914 im Vordergebäude des Karl-Valentin-Geburtshauses in der Zeppelinstraße 41 einen Ausstellungsraum. Dort befindet sich heute die Unterkunft der Freund*innen der Vorstadt Au. Der Sohn des Karosseriebauers, Ludwig Weinberger junior, trat 1931 in das Unternehmen ein, übernahm eine BMW-Vertretung und baute bis zum Zweiten Weltkrieg dort etwa 300 Karosserien. 1932 machte er das Unternehmen in der internationalen Autowelt über Nacht berühmt.
Der von Ludwig Weinberger jun. entworfene Bugatti Royale; Bild: Deutsches Museum
Auftraggeber war der Nürnberger Modearzt Dr. Joseph Fuchs, der sein Bugatti Royale-Fahrgestell in der kleinen Werkstatt in der Au mit einer imposanten schwarz-gelben Cabriolet-Karosserie versehen ließ. Drei Monate dauerte die Herstellung der Karosserie, die etwa 7.000 RM kostete. Das Fahrgestell war rund 75.000 RM teuer. Den „Bugatti Royale“ verehren Liebhaber noch heute als „das schönste Auto der Welt“. Das Auto war sechs Meter lang, schluckte fünfzig Liter Benzin auf einhundert Kilometern und sein Preis entsprach dem Wert von mehr als acht Einfamilienhäusern. Als Dr. Joseph Fuchs nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1934 – aufgrund seiner jüdischen Abstammung – ins Ausland emigrieren musste, nahm er seinen Bugatti Royale Typ 41 natürlich mit ins Exil, das ihn über die Schweiz nach Shanghai und von dort über Kanada bis nach New York führte. Im Jahr 1943 erwarb der General-Motors-Ingenieur Charles Chayne den Bugatti Royale und ließ das Luxus-Gefährt in den Jahren 1946/47 restaurieren. Dabei wurden zahlreiche Änderungen und Eingriffe vorgenommen. Im Jahr 1958 schenkte Chayne den restaurierten Bugatti Royale dem Henry Ford Museum in Dearborn, wo er noch bis heute eine der größten Attraktionen darstellt und bewundert werden kann. Insgesamt wurden nur sieben dieser Luxusgefährte gebaut und sechs davon verkauft. Alle sechs Bugatti Royale existieren noch heute und präsentieren den Mythos der Marke Bugatti in verschiedenen Museen und Privatsammlungen auf der ganzen Welt. Eines dieser Autos erzielte im Jahr 1987 die Rekordsumme von gut 16 Millionen Mark.
1954: Gedenktafel für Karl Valentin
Einweihung der Gedenktafel mit Liesl Karlstadt (aus dem rechten Fenster blickend.)
Am Karl-Valentin-Geburtshaus in der Zeppelinstraße 41 wurde am 1. Oktober 1954 eine Gedenktafel für den großen Komiker angebracht und von seiner langjährigen Partnerin Liesl Karlstadt eingeweiht. Anwesend war auch Schorsch Blädel und viele Fahnenabordnungen. Die Tafel war eine Stiftung der Freunde des Nationaltheaters unter Federführung der Süddeutschen Zeitung. Der äußere Anlass war die 100-jährige Eingemeindung der Vorstädte Au, Haidhausen und Giesing nach München.
Rudolph Moshammers Idee von der “längsten Theke der Welt!
Um das Valentin-Haus blieb es ruhig, bis es die Eigentümer im Jahr 1987 abreißen und durch einen Neubau ersetzen lassen wollten. Widerstand kam hoch, ein Sanierungsgutachten wurde gefordert. Dieses erstellte die Münchner Gesellschaft für Stadtsanierung – MGS und kam zum Ergebnis, dass die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes 6 Millionen DMark kosten und ein Abbruch und anschließender Neubau mit 5 Millionen DMark zu Buche schlagen würde. Unter den gegebenen Umständen verzichteten sowohl die MGS, als auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG auf die Übernahme, weshalb am 7. Juni 1993 beim Planungsreferat um eine Abbruchgenehmigung für das Gebäude ersucht wurde. Das wiederum veranlasste am 30. Juni 1993 den Diplom-Ingenieur Klaus Schmidt, die Konditionen für einen möglichen Erwerb des inzwischen sehr heruntergekommenen Hauses an der Zeppelinstraße 41 zu erfahren. Unterstützung erhielt er dabei vom Heimatpfleger, der den Erhalt des Gebäudes forderte. Ein weiterer Interessent für das Haus war Dr. Gunter Fette, der Verwalter des Karl-Valentin-Nachlasses, der aus verständlichen Gründen ein Interesse am Erhalt des Gebäudes zeigte. Unabhängig davon beschloss der Stadtrat in seiner Sitzung vom 21. Juli 1994 – mit schwarz-grüner Mehrheit – den Verkauf des Karl-Valentin-Geburtshauses an den Münchner Modezaren aus der Maximilianstraße, Rudolph Moshammer. Dieser wollte im Valentin-Haus die „längste Theke Münchens“ einrichten. Eine Gaststätte im Vorderhaus mit etwas Wohnraum darüber, ein weiteres Lokal im Bistro-Stil samt Terrasse, ein Kino oder ein Theaterraum im Rückgebäude. Später kam noch der Plan einer Schule für männliche Mannequins hinzu. Durch den Widerstand des Bezirksausschusses Au-Haidhausen und aus mehreren Bürgerversammlungen ließen Rudolph Moshammer am 1. Februar 1996 von seinem Vertrag zurücktreten. Er konnte – trotz mehrerer Aufforderungen – nie einen konkreten, greifbaren Plan vorlegen. Völlig frustriert und regelrecht verbittert sowie unter einem Wust von Vorwürfen gegenüber der Landeshauptstadt München bezeichnete er den Bezirksausschuss-Vorsitzenden Hermann Wilhelm als „Vereinsmeier ohne Durchblick“. Er selbst empfand sich als ein „Opfer von Zauderern im Planungsreferat“.
Klaus Schmidt – “Der Retter des Valentin-Hauses”
Karl Valentins Geburtshaus im April 1977
Inzwischen hatte der Diplom-Ingenieur Klaus Schmidt, der im September 1995 seine Bewerbung eingereicht hatte, sein Kaufangebot von damals 800.000 DMark auf die „valentineske Summe“ von 888.888,88 DMark erhöht. Die letzten Hürden für das Projekt Karl-Valentin-Geburtshaus in der Zeppelinstraße 41 konnten in einem Gespräch zwischen dem Dipl.-Ing. Klaus Schmidt, Oberbürgermeister Christian Ude und der Stadtspitze entfernt werden. Doch um den 1. September 1996 wären die Verkaufsverhandlungen für das Projekt beinahe doch noch gescheitert. Schließlich konnte man sich in letzter Sekunde einigen. Zeit war es geworden. Das Gebäude war schon 20 Zentimeter in den sandigen Kiesboden eingesackt, und Risse durchzogen die Wände. Damit das Haus nicht auseinander fällt, mussten von außen Quer- und Stützbalken angebracht werden.
Die Reste der Wekstattgebäude im Hof der Zeppelinstr. 41, aus denen die Stadtwohnungen entstanden sind.
Endlich konnte Klaus Schmidt am 18. September 1996 das Valentin-Haus an der Zeppelinstraße tatsächlich um die zu Karl Valentin passende Summe von 888.888,88 DMark kaufen, um die 890 Quadratmeter anschließend zu sanieren und in neue Wohnungen umzuwandeln. Schmidt setzte auf eine stadtteilbezogene Nutzung des Valentin-Hauses, das vollständig saniert und ausgebaut werden sollte. Einer der ersten Mieter war der Verein der „Freunde der Vorstadt Au“, fünf weitere Wohnungen wurden vermietet.
Blick auf die Stadthäuser im Hof der Zeppelinstr. 41 (c) Klaus Schmidt
Im Hof waren vier Stadthäuser und ein modernes, verglastes turmartiges Architekturbüro geplant. Insgesamt dauerten die Bauarbeiten bis etwa zum 15. Dezember 1998. Dann waren sie abgeschlossen. Die Baumaßnahme hatte bis zu diesem Zeitpunkt rund 7 Millionen DMark verschlungen.
Das in den Jahren 1997/98 sanierte und neu renovierte Valentin-Haus in der Zeppelinstr. 41 (Aufnahme: Okt 1999)
Aus einem Schandfleck und dem hässlichen Entlein in der Au war ein wunderschöner Schwan geworden.
Ein Nachruf von Sabine Rinberger, Direktorin des Valentin-Karlstadt-Musäums
Postkarte von Herbert Achternbusch an Andreas Koll, den Herausgeber der Trikont – Gesamtausgabe Ton Karl Valentin, mit folgendem Zitat zum Bild auf der Rückseite: Weil ich kein Foto finde: selbst gemalt
Sterben wollte er schon lange, der Herbert Achternbusch und hat sich dazu daheim in der Burgstraße schon vor fast zehn Jahren hingelegt. So hat man ihn nicht mehr gesehen im Weißen Bräuhaus, wo er Stammgast war, nicht mehr im Tal und drumherum. 2002 schrieb er begleitend zu seinem Valentintext für die Trikont-Gesamtausgabe Ton Karl Valentin auf eine Postkarte an den Herausgeber Andreas Koll dazu: „schönen Dank, denn Schönes gibt es kaum noch“. Hoffentlich hat er es jetzt mit Karl Valentin gehalten, der beim Sterben gesagt haben soll: „Da hab‘ ich mein Leben lang Angst vor dem Sterben gehabt, und jetzt das!“, wahrscheinlich ist es aber ein Sigi Sommer Zitat, das dieser für Valentin so gut fand. Achternbusch wird oft mit Karl Valentin verglichen, er selbst verwehrte sich aber gegen den dauernden Vergleich: „schließlich ist es die Dummheit der Kritik und nicht die unsere, wenn sie weiterhin auf ihrem ledernen Valentinvergleich herumkaut“ schreibt er postalisch an Peter Syr und wollte sich auch vor jeder „Nachäfferei“ hüten.
Karte von Herbert Achternbusch an Peter Syr
Achternbusch ist erstmal, wie Valentin, er selbst. Gemeinsam ist beiden die Universalität, das Vielfältige, das Subversive und die Gabe, alles mit klarem Instinkt aus sich selbst zu schöpfen. Der eine wie der andere passt in keine Schublade, die man für ihn sucht oder zimmert, vielmehr sprengt er jeden Rahmen.
Und doch fallen mir auf Anhieb so viele Bezüge ein; schon allein zum Filmtitel „Heilt Hitler“ das Valentin-Zitat „Der Hitler hat Glück g’habt , dass er net Kräuter g’hoassn hat, sonst hätt’n ma schrein müassn: ‘Heil Kräuter’.“ Achternbusch war Dichter, Philosoph, bildender Künstler und zunächst Filmemacher. Es bleiben vor allem diese eigenartigen wie einzigartigen Filme „Bierkampf“, „Das Gespenst“, „Das letzte Loch“….. Und so lebt Achternbusch, wie es Karl Valentin einst feststellte: „Es gibt also in unserer Gegenwart zwei Weiterleben nach dem Tode: Eines im Jenseits, und eines im — Kino“.
Sabine Rinberger
Papa und Karl: Bierdeckel mit sehr persönlicher Signatur vom Achternbusch-Kind
Die neue Installation vor dem Isartor konnte mit finanzieller Unterstützung u.a. der Saubande realisiert werden
Die Installation “Ja, unsere weißen Westen!” – 75 Jahre Gesetz zur Entnazifizierung nach Idee und Konzept von Christian Springer
Vor 75 Jahren wurde das „Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ erlassen. Mit dem Gesetz wurde die Entnazifizierung auch wieder in deutsche Hände gegeben. Die dazu eingerichteten Spruchkammern waren Laiengerichte, angewandt auf den gesamten Querschnitt der deutschen Bevölkerung.
Je nach Angaben mussten sie sich anschließend den Spruchkammerverfahren stellen. Falsche Angaben wurden unter Strafe gestellt. Auch die beliebten Volksschauspieler Weiß Ferdl und Georg „Schorsch“ Blädel wurden befragt und verurteilt. Karl Valentin, dem nonkonformen Künstler und Menschen räumt die Ausstellung einen prominenten Platz ein. Valentin machte aus seiner Abneigung gegen das Regime keinen Hehl, auch wenn er sicher kein Widerstandskämpfer war. Er musste sich keinem Spruchkammerverfahren unterziehen
Hauptschuldig, Mitschuldig oder Unschuldig war für die anderen die Frage. In den 30er Jahren waren sie als Künstler beliebt und verehrt. Dann war das NS-Regime weg, die Stunde Null da. Es drohte das Gericht und sie mussten neue Rollen lernen: Verharmloser, Leugner, Verschweiger, Nichtwisser. „Er lebte nur seiner Kunst“. Diesen Satz hörte man in den Prozessen, denn jeder wollte davonkommen. Und das Publikum wollte auch, dass sie davonkommen.
Die Verfahren galten schnell als Siegerjustiz und konnten nie die gewünschte Gerechtigkeit über das Land bringen, das voller Täter war. Wie reagierten die Bühnenstars in dem Moment, als es galt, Verantwortung für die eigene Vergangenheit zu übernehmen? Die Spruchkammern in München behandelten von 1946 bis 1950 237.000 Fälle. Nur ein kleiner Bruchteil wurde verurteilt, zu hauptschuldig oder belastet oder minderbelastet. Die überwältigende Mehrheit der Angeklagten wurde dieser Gruppe zugerechnet: „Mitläufer“. Die Entnazifizierung war damit erledigt.
Ausschnitt aus dem Persil-Werbefilm “Die weiße Weste” von 1954
Die weiße Weste“, der Werbefilm der Firma Henkel aus dem Jahr 1954 für ihre Produkt „Persil“ mit den Pinguinen und den weißen Westen, spiegelt den Zeitgeist wieder und ist das Leitmotiv der Installation. Mit Ironie wird hier an das Thema herangegangenen, der satirische Umgang mit diesem Thema beherrscht und ins Zentrum der Werbung gestellt.
(C) Sina Maria Schweikle
Christian Springer, Kabarettist, Autor, sozial engagierter Bürger greift mit der Erinnerung an das Inkraftsetzen des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vor 75 Jahren und die daraus resultierenden Laiengerichtsverfahren, einen wichtigen Schritt der Vergangenheitsbewältigung auf. Die westlichen Besatzungsmächte legten diese wieder in die Hände der Deutschen. Dies sollte den fortschreitenden Demokratisierungsprozess vorantreiben, dem Geschichtsbewusstsein und Demokratieverständnis dienen und dieses stärken.
Die Installation ist eine Kooperation der SCHULTERSCHLUSS Initiative Christian Springer mit dem Valentin-Karlstadt-Musäum, unterstützt von der Saubande, Valentin-Karlstadt-Förderverein und dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München.