Schlagwort: Valentin-Karlstadt-Musäum

Liesl Karlstadt: Schwere Jahre 1935 – 1945

Beitrag für die Blogparade der Monacensia: Frauen und Erinnerungskultur #femaleheritage

Liesl Karlstadt als Ausrufer, Köchin, Kapellmeister um 1920

Liesl Karlstadt (eigentlich Elisabeth Wellano 1892–1960) war Valentins kongeniale Partnerin, „der Sancho Pansa zum Don Quijotte“.

Liesl Karlstadt als Flötenspieler und Kare mit Zigarre

Dieses Duo war perfekt. Sie ergänzten sich ideal in ihrer Art der Darstellung. Valentin drehte sich gleichsam statisch um sich und seine eigene Gedankenwelt und kämpfte gegen die Tücken des Objekts wie Don Quijote gegen Windmühlen. Liesl Karlstadt hingegen überzeugte durch eine ungeheure Wandelbarkeit, sie konnte in nahezu jede Rolle, ob Frau, ob Mann, schlüpfen. Stets mit beiden Beinen auf der Erde stehend, erklärte sie dem oft verlorenen Valentin die Welt.

Karl Valentin und Liesl Karlstadt in „Die Raubritter vor München“

Doch der Preis der Partnerschaft mit Karl Valentin war hoch, privat wie beruflich.

Schwere Jahre für Liesl Karlstadt

Am Höhepunkt ihrer Karriere geriet beides in eine große Krise, das berufliche Schaffen wie das gemeinsame Leben. Keinen Ausweg mehr sehend, versuchte Liesl Karlstadt, inzwischen auch solo eine beliebte Volksschauspielerin, sich am 6. April 1935 das Leben zu nehmen. Es folgten schwere Jahre, geprägt von langen Aufenthalten in Kliniken und Rehabilitation, von Gehversuchen und Rückschlägen. Valentin konnte sie oft nicht mehr ertragen, aber auch nicht aufgeben.

Nach einem erneuten Zusammenbruch im April 1939 und einer darauffolgenden lebensbedrohenden und langwierigen Erkrankung, begann sie sich von ihm zu lösen. 1941 und 1943 erholte sie sich im Gebirge. Auf Wanderungen freundete sie sich mit Soldaten auf der Ehrwalder Alm an und tat als einziger weiblicher „Mulitreiber“ in Uniform auf der Alm Dienst. In der Gemeinschaft mit den Soldaten und im Einklang mit den geliebten Bergen, erholte sie sich von den Strapazen.

Liesl Karlstadt in ihrer neuen Wohnung in der Maximilianstrasse 24 (1939) und mit Mundharmonika

Auch beruflich bedeuten die Jahre eine Veränderung. Liesl Karlstadt war nun endgültig die sehr beliebte Münchner Volksschauspielerin geworden. Die „allzeit getreue Partnerin“ des großen Karl Valentin spielte nun ihre eigenen Rollen. Ihre Haupteinnahmequelle in den Jahren 1941 bis 1943 war ihre Rolle als Walburga Graf, eine Blumenhändlerin auf dem Viktualienmarkt in Carl Borro Schwerlas Komödie „Graf Schorschi“. Das Stück erlebte am Münchner Volkstheater über 150 Aufführungen und Gastspiele. Daneben war sie u.a. auch als Dachserin in dem gleichnamigen Einakter von Ludwig Thoma am Münchner Volkstheater zu sehen. Liesl Karlstadt drehte in dieser Zeit auch einige Filme – drei davon mit Karl Valentin („In der Apotheke“ und zwei Werbefilme für die Sparkasse).

Allen Film- und Theaterprojekten dieser Zeit war gemein, dass Liesl Karlstadt an der Seite von großartigen Schauspielerinnen und Schauspielern spielte, mit denen sie auch später noch viele Jahre erfolgreich zusammenarbeiten sollte: Willem Holsboer, Adolf Gondrell, Josef Eichheim, Walter Horten und auch Elise Aulinger und Wastl Witt. Karl Valentin gehörte kaum mehr dazu.

Ein Quellenschatz kommt ins Archiv des Valentin-Karlstadt-Musäum


Die Briefe der Norma Lorenzer
an Liesl Karlstadt

Im Jahr 2006 kam überraschend ein neuer Schatz aus Amerika ins Valentin-Karlstadt-Musäum:
Es war eine sehr persönliche Korrespondenz zwischen Liesl Karlstadt und ihrer Freundin Norma Lorenzer aus den Jahren von 1935 bis 1953. Norma Lorenzer war ihre wichtigste Wegbegleiterin in den schweren Jahren. Ihre Tochter Brigitte Eriksson brachte die Briefe ins Valentin-Karlstadt-Musäum, wenige Jahre vor ihrem Tod. Für den Archivar wie die Historikerin beginnt in solchen Momenten das Herz höher zuschlagen. 139 Briefe und Postkarten feinsäuberlich gebündelt und mit einem Band zusammen gehalten, von denen wir bisher nichts wussten. Mit den Worten „Ich übergebe Ihnen hier den Schatz meiner Kindheit“ drückte sie der Direktorin des Musäums, Sabine Rinberger, in einem sehr intimen, anrührenden Moment das Päckchen Briefe in die Hand.

Norma Lorenzer beim Spaziergang mit ihrer Tochter Brigitte. Das Foto fand sich zwischen den Briefen.

Liesl Karlstadt war glücklich, wenn sie von ihrer Freundin Norma Lorenzer in ihrem Haus verwöhnt wurde. Sie wohnte im berühmten Kefernest, ein Idyll am Schwabinger Bach in München, das Olaf Gulbransson 1906 erwarb. Liesl Karlstadt wurde auch eine wichtige Vertraute von Normas Tochter Brigitte, die damals noch ein kleines Kind war. In ihren Memoiren erinnert sich Brigitte Eriksson (geb. Lorenzer), wie ausgelaugt von den Ängsten und Launen Karl Valentins Liesl Karlstadt wirkte, wenn Sie von einer gemeinsamen Tournee aus Berlin zurückkam. Es war für Brigitte Eriksson schwer zu erklären, dass zwei Menschen, die fähig waren, andere zum Lachen zu bringen, bis ihnen die Tränen kamen, unter allen Arten von Ängsten und Depressionen litten.
In ihren Briefen und Karten an Norma Lorenzer gibt Liesl Karlstadt nur kleine Einblicke in ihre Seele, dennoch finden sich Hinweise, die so nicht bekannt waren. Vor allem ihre Verzweiflung spiegelt sich in den Briefen aus der Zeit.

Publikation

Dieser Archivschatz war Verpflichtung und Anlass für das Buch Liesl Karlstadt: Schwere Jahre 1935 – 45
von Sabine Rinberger, Direktorin und Andreas Koll, Archivar des Valentin-Karlstadt-Musäums. In diesem werden die sehr persönlichen Briefe in den historischen Kontext geordnet und präsentiert. Mit zahlreichen abgedruckten Bildern ausgestattet, weitgehend aus dem Archiv des Valentin-Karlstadt-Musäums, dienen diese nicht nur der Illustration, sondern vor allem der Dokumentation. Das Buch ist im Buchhandel und im Museumsshop des Valentin-Karlstadt-Musäums erhältlich.

Bilder-Sprache: Geburt


zur heutigen „Mariä Geburt“


Als ich die Hebamme sah, die mich empfing war ich sprachlos. Ich hatte diese Frau ja noch nie in meinem Leben gesehen.

Karl Valentin

Foto Herbert Becke

Bilder-Sprache: Abkühlung

Der Brunnen macht, wie Sie sehen, einen wässrigen Eindruck

Karl Valentin

Das Foto „Abkühlung“ von Saubanden-Mitglied Herbert Becke wurde unter die Top 1.000 Bilder aus rund 1.500.000 Fotos des größten Wettbewerbs „TRIERENBERG SUPER CIRCUIT der letzten 20 Jahre gewählt. Es ist in dem Buch QUINTESSENZ der weltbesten Fotos der Jahre 2000-2020 gerade veröffentlicht worden.

Wiggerl Greiner: Ein Meister des Münchner Humors

Die Ausstellung im Innenhof des Isartors zeigt die vielfältigen Talente von Wiggerl Greiner und würdigt das breite künstlerische Schaffen einer der engsten und besten Freunde von Karl Valentin.

Ludwig Greiner war der beste Freund von Karl Valentin, sein Grafiker, sein Bühnenbildner und sein Theatermaler. Zu fast allen Szenen Valentins schuf er Plakate und Zeichnungen. Greiners Humor war höchst inspirierend. Zu allen Ideen Valentins hatte er die passenden Einfälle. Ein Leben lang befruchteten sich die beiden gegenseitig.
Der Archivar des Valentin-Karlstadt-Musäums und Kurator der Ausstellung, Andreas Koll, hat bereits in einem früheren Blog-Beitrag eine bezeichnende, sehr amüsante, Anekdote zur Freundschaft der beiden beschrieben.

Die aktuelle Hofausstellung widmet sich den großen Leidenschaften von Wiggerl (Ludwig) Greiner: das Zeichnen und die Musik

Er arbeitete als Gastwirt, Illustrator für Zeitschriften und Werbeanzeigen, Kulissenmaler und Ausstatter für Theater und Film, gestaltete Gaststätten und entwarf und baute Faschingswägen. Daneben trat er als Unterhaltungsmusiker auf und komponierte und textete eigene Lieder.
Greiners Wesen war geprägt durch einen unverwüstlicher Humor. Er verstand es allen Lebenslagen, waren sie noch so schwierig, eine komische Seite abzugewinnen.

Ludwig Greiner gilt als „Erfinder“ des Karl Valentin. Er schlug ihm vor als Karikaturkomiker aufzutreten. Therese Greiner nähte das dazu passende Kostüm und Wiggerl gestaltete Valentins erstes Plakat. Mit der Figur „Der arme hagere Mann“ schaffte Karl Valentin den Durchbruch und wurde zum Star.

Es gibt viel zu entdecken im Innenhof und viel zu geniessen bei einem anschliessenden Kaffee im Turmstüberl.

Einen kleinen Einblick in die Ausstellung finden Sie hier:

Ludwig und Therese Greiner, 1908
Ludwig Greiner, Unterhalter an der Front, als „De gscheert Katl“, 1917
Eines der ersten Plakate für Karl Valentin (L. Greiner)
Plakat zu Karl Valentins Szene „Sturzflüge im Zuschauerraum“ (L. Greiner)
Zeichnung: Bayerischer Roboter „Der Knödeldreher“ (L. Greiner)
Zeichung: "Ziehharmonika Auto" (L. Greiner)
Zeichnung: "Münchner Hauptbahnhof" (1932 L. Greiner)
Zeinchnung: "nicht lesen" (L.Greiner)
Gastätte von Greiners Vater mit Hanteln (L. Greiner)
Wie der Steyerer Hans (re), so war auch Ludwig Greiners Vater ein " Münchner Schwerathlet"