Die vergessenen Rosinen

Die vergessenen Rosinen
Geschichten mit Witz und Liebe von e.o.plauen

Sonderausstellung von 25.4. bis 17.9. im Valentin-Karlstadt-Musäum

(c) e.oplauen -Stiftung

Wer kennt sie nicht, die Bildergeschichten Vater und Sohn von e.o. plauen?
Stand im Deutschunterricht das Thema Bildergeschichte auf dem Lehrplan, war es zumeist eine von Vater und Sohn, die zur Beschreibung als Aufgabe gegeben wurde.

Der freche Kleine mit dem schwarzen Schopf und der scheinbar strenge, sehr liebevolle Vater, ein Kindskopf mit einer Kinderseele.

Bild: Die vergessenen Rosinen
(C) Erich Ohser – e.o.plauen Stiftung

Bisweilen hat man “Vater und Sohn” auch aus den Lehrplänen verbannt, weil man die vermeindlichen Erziehungsmaßnahmen als zu streng und nicht mehr zeitgemäß empfand. Blickt man jedoch mit einem scharfsinnigen Auge auf die Zeichnungen, dann verbirgt sich dahinter – wie bei Pumuckl und Meister Eder – ein liebevoller und verständisvoller Vater. Manchmal vertauschen sich die Rollen, und Sohn wird zum Lehrmeister, der Vater zum liebevollen Kindskopf. So ist dieser sich kümmernde Vater ein sehr zeitgemäßer Vater. Zeitgemäß in der heutigen Zeit und nicht in der Zeit des Nationalsozialismus, wo man Männer für den Krieg stellen wollte und nicht für eine gemeisame Kuchenbackaktion von Vater und Sohn.

Vater und Sohn liefern Anleitungen fürs Leben, sie sind erfinderisch und finden Lösungen für vermeintlich unlösbare Situationen. Der Kuchen steht im Ofen, duftet fast fertig und – oh Schreck – das Päckchen Rosinen steht noch auf dem Tisch. Wie lässt sich das wieder gut machen? Klar, man nimmt sich das Luftgewehr von der Wand und schiesst sie in den Kuchen hinein. Nur dafür sind Gewehre da.

Vater und Sohn kennt man, den Autor oft nicht mehr.

Selbstbildnis (Erich Ohser – (c) e.o.plauen-Stiftung)

Hinter dem Pseudonym e. o. plauen verbirgt sich der Künstler Erich Ohser. Er gab sich diesen Künstlernamen, weil sein bürgerlicher Name für die Nationalsozialisten verbrannt war.
Unter dem Pseudonym e.o. plauen konnte er wieder veröffentlichen. Seinen bürgerlichen Namen versteckte Erich Ohser 1934 in den Initialen e. o. und fügte nach dem Vorbild von berühmten Kunstschaffenden, wie etwa Leonardo da Vinci, seinen Heimatort Plauen als Namensanhängsel kleingeschrieben an. Wegen seiner NSDAP-kritischen Karikaturen im politisch-literarischen Magazin Neue Revue und der sozialdemokratischen Zeitung Vorwärts hatten ihm die national­sozialistischen Machthaber den Eintritt in den Reichsverband der Deutschen Presse verweigert. Ohne diese Mitgliedschaft konnten Pressemit­arbeitende ab 1933 nicht mehr veröffentlichen.
Nur durch das Zugeständnis unter Pseudonym und nicht mehr politische Zeichnungen zu veröf­fentlichen, konnte Ohser weiter publizieren. Am Ende bezahlte er aber doch für seine aufrechte Haltung mit dem Leben.

Erich Ohser zeichnete auch Karl Valentin und Valentin widmete diesem das Artefakt Vater und Sohn, ein kleiner und ein großer zusammengeklappter Regenschirm nebeneinander, in seinem Panoptikum. Beide verfügten über eine außergewöhnliche Beobachtungsgabe, die ihr Werk prägten.

Erich Ohser war Zeitgenosse, Namensvetter, Weggefährte und Freund Erich Kästners. Ein weiterer Erich, der Journalist und Redakteur Erich Knauf, ebenfalls Freund von Ohser und Kästner, fand gemeinsam mit Ohser 1944 den frühen Tod durch das Regime der Nationalsozialisten.

In der Ausstellung nähert sich der Künstler Steffen Haas über das ausgewählte Werk Erich Ohser mit dem Blick eines Zeichners. In Auswahl und Themensetzung zeigt er das gleiche Fingerspitzengefühl wie Ohser für seine Bildergeschichten.

In der Edition Valentin-Karlstadt-Musäum im Allitera-Verlag erscheint das Begleitbuch

Die vergessenen Rosinen. Ausstellung und Begleitbuch entstanden in Kooperation mit der Erich Ohser – e.o.plauen Stiftung in Plauen.

Kurator: Steffen Haas